Ich will doch einfach nur einen Kaffee! Ist das denn zu viel verlangt?
Morgens, kurz nach Hahngekrächze. Schleppend und Augen auf Halbmast taste ich mich zur Kaffeemaschine. Ritual – Reflex – lebensnotwendig – überlebensnotwendig!!!
Doch anstelle des vertrauten Gluckerns, Zischens, Dampfens und köstlichen Dufts: nur das stoische Blinken des "Entkalk mich gefälligst, du blöde Kuh!"-Knopfs. Diese orangefarbene Alarmleuchte habe ich seit Tagen leichtfertig übersehen. Dachte mir: "Kann ich machen, wenn ich mal Lust habe." – Also eigentlich eher später.
Ich atme tief ein – nicht wirklich achtsam, sondern eher im Modus "gleich krieg ich einen hysterischen Anfall".
Ich starre die Maschine an.
Mein Mund fühlt sich trocken an – da könnte nur ein Kaffee Abhilfe schaffen.
Meine Hirnzellen verabschieden sich reihum – da könnte nur ein Kaffee helfen.
Meine Laune sinkt in den Keller – da kann nur ein Kaffee helfen!
Ich sage nichts, atme flacher, starre weiter. Die Kaffeemaschine blinkt unbeirrt, so richtig passiv-aggressiv.
Die Diva verweigert tatsächlich ihre Dienste!
Ich probiere alles: aus- und wieder einschalten, mit Engelszunge auf das Ding einreden, den Knopf länger drücken, den Knopf fester drücken, etwas anstupsen, heftiger
anstupsen.
Nichts – nichts – ausser orangefarbenem Geblinke - nichts!
Bevor ich weinend zusammenbreche, raffe ich mich auf, den Entkalkungsvorgang zu googeln. Während mir ein nervend frohgelaunter junger Herr auf YouTube die einzelnen Schritte erklärt – ich bin bloss auf Koffein-Entzug, nicht geistig umnachtet! – schreit inzwischen jede Körperzelle nach Kaffee. Und mein Göttergatte auch. Das hat mir gerade noch gefehlt – dass der sich in das Drama einmischt!
Schicksalsergeben folge ich den Anweisungen des krawattenbehangenen Entkalkungsprofis: entleere, messe, fülle, drücke, warte endlose Minuten – und verzweifle innerlich.
Da endlich! Zischend und – mich dünkt – leicht beleidigt lässt die wundervolle Diva, erst tröpfelnd, dann
brauchbar, Kaffee mit dem gewünschten Milchschaum in die Tasse rinnen.
Ich bin im Paradies und schwöre mir, dass ich nie, nie wieder ein Wartungsbedürfnis meiner Morgenretterin ignoriere.
Bis zum nächsten Mal …
Im Büchlein
99 Achtsamkeiten to go
Für alle, die schnell mal langsam machen wollen!
findest du jede Menge Impulse zum Runterkommen – oder, noch wichtiger: zum Fokussieren auf das Wesentliche. Manchmal sogar auf das Überlebenswichtige.
